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Beitrag vom 07.08.2008
Küss mich bitte - Ab 07.08.08 im Kino
Tatjana Zilg
Wie schnell ein harmloser Kuss eine Lawine an Gefühlen auslösen kann, auch wenn zuvor versucht wird, auf einer rationalen Ebene alle Verwirrungen auszuschließen, zeigt der französische Regisseur ...
... Emmanuel Mouret in seiner charmant-raffinierten Liebeskomödie.
Zwei Geschichten über das Verlangen zwischen einem Mann und einer Frau, das in diesem Moment eigentlich gar nicht sein darf und nicht sein soll, verflechtet er in seinem vierten Film ineinander.
Die zufällige Begegnung von Emilie (Julie Gayet) und Gabriel (Michaël Cohen) findet fast ein abruptes Ende, als die grazile Frau im mittleren Alter den Abschiedskuss ihrer Abendbekanntschaft abwehrt. Der Mann ist überrascht. Er wollte doch nur einen gelungenen Flirt mit ein klein wenig unverbindlicher Körpernähe ausklingen lassen. Emilie erklärt ihm, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlt, aber das es naiv ist, zu glauben, ein Kuss könne in dieser Situation harmlos bleiben. Sie beginnt von einer jungen Frau namens Julie zu erzählen, die genau diesen Fehler begangen hat und dadurch in ein großes Gefühlschaos geraten ist.
Die Geschichte von Julie (Virginie Ledoyen) nimmt den Hauptanteil des Films ein. Sie ist Wissenschaftlerin, und seit Jahren glücklich mit Claudio (Stefano Accorsi) liiert. Schon seit längerem verbindet sie mit dem Mathe-Lehrer Nicolas, den der Regisseur Emmanuel Mouret selbst spielt, eine enge Freundschaft, die von Beiden wie selbstverständlich als rein platonisch angesehen wird. Auch als sich Nicolas von seiner langjährigen Partnerin trennt, bleibt das zunächst so. Julie hört mit großer Anteilnahme zu, wenn er ihr erzählt, wie sehr er an dem Mangel von körperlichen Kontakt und Sexualität leidet, aber empfiehlt ihm schlicht, zu einer Prostituierten zu gehen. Nicolas ist unter seiner kühl wirkenden Fassade sehr sensibel und kann dem bezahlten Körperkontakt nichts abgewinnen, geht vorzeitig wieder, lässt der jungen Studentin, die sich etwas nebenbei verdienen wollte, das Geld. Er bittet Julie, ihm dabei zu helfen, seine Sehnsucht zu stillen. Die beiden besten FreundInnen schlafen miteinander und versuchen danach, so zu tun, als sei nichts geschehen. Doch die Gefühle lassen sich nicht mit Rationalität besiegen. Eine Odyssee durch den Widerstreit zwischen moralischem Selbstbild und dem brennenden Wunsch nach emotionaler Selbstverwirklichung beginnt.
"Der Film möchte auf etwas utopische Weise darüber nachdenken, wie man sein Verlangen ausleben und gleichzeitig denjenigen schützen kann, der darunter zu leiden hätte. Daraus entwickeln sich Strategien, damit unschuldige Dritte nicht leiden müssen. Mich interessiert vor allem das Dilemma, das dadurch entsteht, der moralische Zwiespalt: Einerseits möchte man ein guter Mensch sein, der selbst für die Erfüllung seiner Sehnsüchte sorgt, was ja auch schließlich zu den beglückendsten Momenten im Leben gehört; anderseits möchte man niemanden weh tun", erzählt Emmanuel Mouret, der auch das Drehbuch schrieb, über seine filmische Intention.
AVIVA-Tipp: Französisches Autoren-Kino, das leichtfüßige Momente mit Tiefgründigkeit und einer fein nuancierten Sinnlichkeit unterlegt. Kurzweilig, amüsant und mit einigen gedanklichen Anschubsern, um nach dem Kinovergnügen bei einem guten Glas Rotwein aus unserem charmanten Nachbarland über das Küssen, das Leben und die Liebe zu philosophieren.
Küss mich bitte!
Originaltitel:"Un baiser s´il vous plaît"
Frankreich 2007
Buch und Regie: Emmanuel Mouret
DarstellerInnen: Virginie Ledoyen, Emmanuel Mouret, Julie Gayet, Michaël Cohen
Lauflänge: 100 Minuten
Kinostart: 07. August 2008
Verleih: Arsenal
Weitere Informationen finden Sie unter: http://www.kuessmichbitte.de/